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Wann liegt „fahrlässiges Handeln“ vor?
Im Straf- und Zivilrecht ist zwischen zwei grundlegenden Begriffen zu unterscheiden, die eine Handlung bestimmen: Vorsatz und Fahrlässigkeit. Der Begriff Fahrlässigkeit lässt sich dabei am besten in Abgrenzung zum vorsätzlichen Handeln verstehen.
Bei einer vorsätzlichen Tatbegehung handelt der Beschuldigte entweder wissentlich, absichtlich und/oder willentlich. Er ist sich der Folgen seines Handelns sehr bewusst und/oder will auch zeitgleich die Erfüllung der Handlung. Demgegenüber steht die Fahrlässigkeit. Hierbei stehen sich Wissen und Wollen des Täters in anderer Weise gegenüber.
Wichtig ist vor allem, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit einander ausschließen. Es ist also nicht möglich, dass zugleich vorsätzliches und fahrlässiges Handeln auftreten.
Doch wann handelt ein Täter fahrlässig? Und können auch fahrlässig begangene Handlungen straf- und zivilrechtliche Konsequenzen haben? Dies und mehr erfahren Sie im Folgenden.
FAQ: Fahrlässigkeit
Wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, handelt fahrlässig.
Einen Überblick der einzelnen Abstufungen von Fahrlässigkeit erhalten Sie hier.
Hier können Sie nachlesen, welche Strafen bei fahrlässiger Körperverletzung bzw. Tötung drohen.
Definition der Fahrlässigkeit nach BGB und StGB
Fahrlässiges Handeln ist sowohl im Zivilrecht – im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – als auch im Strafrecht – Strafgesetzbuch (StGB) – thematisiert. Nach § 276 Absatz 2 BGB handelt fahrlässig,
„wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“.
Aber: Der Begriff Verkehr ist hierbei nicht auf den Straßenverkehr zu begrenzen. Vielmehr ist mit dem Begriff „Sorgfalt“ sämtlicher zwischenmenschlicher und auch wirtschaftlicher Verkehr – Austausch – gemeint. Bei einem Unfall auf der Straße handelt es sich also nur um einen sehr kleinen Teilbereich, in dem Fahrlässigkeit vorkommen kann. Er lässt sich auf alle Lebensbereiche ausweiten: Arbeitstätigkeit, Medizin und Pflege, Finanzwesen usf. Dabei ist auch fahrlässiges Verschulden durch den Handelnden zu vertreten (§ 276 Absatz 1 BGB).
In § 15 StGB findet sich hinsichtlich der Fahrlässigkeit nur ein kurzer Satz:
„Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.“
Anders als im Zivilrecht muss ein Täter im Strafrecht also nicht automatisch bei vorliegender Fahrlässigkeit und Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt mit einer Strafverfolgung rechnen. Nur die explizite Androhung einer Strafe im StGB auch bei fahrlässigem Handeln kann eine empfindliche Strafe nach sich ziehen.
Doch was genau meint denn nun Fahrlässigkeit?
Abgesehen von den kurzen Erwähnungen findet sich keine exakte, gesetzlich festgelegte Definition für Fahrlässigkeit. Es ist jedoch gemeinhin zu unterscheiden zwischen zwei verschiedenen Graden der Fahrlässigkeit:
- einfache oder leichte Fahrlässigkeit: Der Definition ist hier § 276 Absatz 2 BGB zugrunde zu legen.
- grobe Fahrlässigkeit: Die notwendige Sorgfaltspflicht ist in besonders schwerem Maße missachtet worden.
Im Arbeitsrecht finden sich noch zwei weitere Stufen: die leichteste und die mittlere Fahrlässigkeit. Diese sind für Verstöße im Straßenverkehr allerdings nicht anzubringen.
Es gibt jedoch noch zwei weitere Unterscheidungen, die zeigen, wie schwer die feste Definition der Fahrlässigkeit erscheinen muss: bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit. Diese Unterscheidung ist vornehmlich im Strafrecht zu treffen und meint:
- unbewusste Fahrlässigkeit: Dabei sieht der Täter die potentiellen Folgen seines Tuns nicht voraus, obwohl ihm dies nach objektiver Beurteilung durchaus möglich wäre. Zudem weiß er nicht, dass sein Handeln einen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt bzw. widerrechtlich ist.
- bewusste Fahrlässigkeit: Der Täter ist sich der möglichen Konsequenzen seines Tuns bewusst. Er geht jedoch davon aus, dass schon nichts passieren werde, will den Erfolgt seiner Handlung also nicht.
Grobe Fahrlässigkeit im Straßenverkehr – Beispiele
Grob fahrlässig handelt etwa, wer bei einem Hasen oder Igel auf der Landstraße einen Wildunfall verhindern will und ein Ausweichmanöver fährt, das zum Unfall führt. Darüber hinaus ist auch bei einem Rotlichtverstoß oder dem Überfahren eines Stoppschildes automatisch eine grobe Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht anzuerkennen.
Auch ein Handyverstoß oder Alkohol am Steuer in erheblichem Maße kann die grobe Fahrlässigkeit im Straßenverkehr begründen.
Fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung im Straßenverkehr
Im Straßenverkehr sind vor allem zwei fahrlässig begangene Tatbestände von Bedeutung: die fahrlässige Körperverletzung und die fahrlässige Tötung. Kommt es auf Deutschlands Straßen zu einem Verkehrsunfall, ist dem Unfallfahrer in aller Regel kein Vorsatz vorzuwerfen. Zumeist hat er lediglich die notwenidge Sorgfalt außer Acht gelassen und damit fahrlässig gehandelt.
Entsteht bei einem Unfall ein verschuldeter Personenschaden, so ist der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung anzunehmen. Hierfür droht nach § 229 StGB eine Geldstrafe oder eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe.
Stirbt das Unfallopfer aufgrund des Crashs, so kommt gar eine fahrlässige Tötung in Betracht, die nach § 222 StGB mit einer Geldstrafe oder einer bis zu fünf Jahre andauernden Freiheitsstrafe bestraft werden kann.
Doch auch ohne Personenschäden kann Ihnen im Falle eines Unfalls im Bußgeldbescheid oftmals Fahrlässigkeit zum Vorwurf gemacht werden.