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Das Verletzen des Körpers einer anderen Person wird in Deutschland in verschiedene Fälle aufgeteilt. Eine Körperverletzung begeht, wer eine andere Person körperlich misshandeltoder deren Gesundheit schädigt. Diese Schädigung kann sowohl physisch als auch psychisch Erfolgen. Es wird unterschieden zwischen den Tatbeständen „gefährliche Körperverletzung“, „schwere Körperverletzung“, „Körperverletzung mit Todesfolge“, „leichte Körperverletzung “und „fahrlässige Körperverletzung“.
In diesem Ratgeber soll es um die fahrlässige Körperverletzung gehen. Dazu soll zunächst die Frage „Was bedeutet fahrlässige Körperverletzung?“ beantwortet werden. Des Weiteren wird darauf eingegangen, was für eine fahrlässige Körperverletzung als Strafe üblich ist, ob es durch fahrlässige Körperverletzung Anspruch auf Schmerzensgeld gibt und was bei einer Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung zu beachten ist.
FAQ: Fahrlässige Körperverletzung
Hier erhalten Sie einen Überblick, durch welche Merkmale sich eine fahrlässige Körperverletzung auszeichnet.
Eine fahrlässige Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestarft.
Es handelt sich bei der fahrlässigen Körperverletzung um ein Antragsdelikt. Was genau das beutet, können Sie hier nachlesen.
Video: Fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr
Körperverletzung und Fahrlässigkeit
Um für fahrlässige Körperverletzung eine Definition zu bilden, müssen die Begriffe Körperverletzung und Fahrlässigkeit definiert werden. Körperverletzung begeht laut § 223 Strafgesetzbuch (StGB)
wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt […].
Der Versuch ist strafbar.
Somit ist der Begriff der Körperverletzung geklärt. Fahrlässigkeit wird im StGB nicht genauer definiert, es wird nur bestimmt, dass fahrlässiges Handeln dann strafbar ist, wenn das Gesetz mit einer Strafe droht. Allerdings bestimmt § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), dass eine Person fahrlässig handelt, wenn sie zum Beispiel „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“.
Wird dadurch ein Unfall verursacht und eine Person kommt zu schaden, spricht man von fahrlässiger Körperverletzung (in Kurzform auch fahrlässige KV genannt). Wichtig ist hier eine Abgrenzung zu einer Tat mit Vorsatz. Wer Fahrlässig handelt, gefährdet dadurch zwar andere, hat aber nicht die Absicht vorsätzlich jemanden zu verletzen.
Strafmaß für fahrlässige Körperverletzung
Eine fahrlässige Körperverletzung wird nach StGB „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“. Dabei kommt es immer auf die Schwere und das Ausmaß der Fahrlässigkeit und der Körperverletzung an. Grundsätzlich ist immer zu differenzieren, um welche Art der Körperverletzung es sich handelt. Dieser Umstand ist nicht immer eindeutig und daran scheiden sich die Geister. Einige Beispiele für die Streitpunkte der fahrlässigen Körperverletzung:
„Fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge“: Dieser Tatbestand ist im StGB nicht gesondert aufgeführt. Lediglich in § 227 wird Körperverletzung mit Todesfolge definiert:
Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Eine „fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge“ könnte also als Körperverletzung mit Todesfolge ausgelegt werden. Durch die Fahrlässigkeit wäre ein „minder schwerer“ Fall gegeben. Dementsprechend würde dann das Urteil ausfallen. Allerdings könnte auch § 222 StGB (Fahrlässige Tötung) greifen. Bei „fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge“ ist das Strafmaß also variabel.
„Fahrlässige schwere Körperverletzung“: Auch diese Tat gibt es laut StGB nicht. Hier greift § 226 StGB:
(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person
1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Hier ist von dem Tatbestand der schweren Körperverletzung auszugehen. Allerdings würde auch hier die Fahrlässigkeit einen „minder schweren“ Fall darstellen. Schwere fahrlässige Körperverletzung als Tatbestand gibt es in Deutschland nicht.
Weiterhin gibt es weder eine „fahrlässige gefährliche Körperverletzung“ noch eine „versuchte fahrlässige Körperverletzung“. Da eine versuchte Körperverletzung unter Vorsatz geschieht, kann hier eine Fahrlässigkeit komplett ausgeschlossen werden. Fahrlässige Körperverletzung ist im Fall einer tatsächlichen Schädigunggegeben. Bei einer gefährlichen Körperverletzung kann Fahrlässigkeit einen mildernden Umstand bedeuten.
Im Einzelfall entscheidet immer ein Richter um welchen Tatbestand es sich handelt. Davon hängt maßgeblich das Strafmaß ab.
Fahrlässige Körperverletzung – ein Schema zur Prüfung der Tat
Durch ein bestimmtes Schema ist eine fahrlässige Körperverletzung feststellbar. Dadurch soll die Frage „Was ist fahrlässige Körperverletzung?“ möglichst eindeutig geklärt werden. Es müssen fünf Voraussetzungen gegeben sein, damit eine fahrlässige Körperverletzung bestraft werden kann:
- Eine Körperverletzung
- Ein fahrlässiges Verhalten (eine Pflichtverletzung)
- Ein Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schädigung
- Die Vorhersehbarkeit der Körperverletzung
- Eine mögliche Vermeidung der fahrlässigen Körperverletzung
Vor allem der Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der Schädigungspielt eine große Rolle. Anhand zweier Beispiele soll verdeutlicht werden, wann ein Zusammenhang besteht und wann nicht.
Beispiel 1: Sie fahren über eine rote Ampel, weil Sie es eilig haben, Sie begehen also einen Rotlichtverstoß. Während Sie die rote Ampel überfahren, streifen Sie einen Fußgänger und verletzen diesen. In diesem Fall steht die Pflichtverletzung (an einer roten Ampel zu halten) in direktem Zusammenhang mit der Schädigung des Fußgängers. Da Sie die rote Ampel nicht überfahren haben, um den Fußgänger zu verletzen, ist kein Vorsatz gegeben. Es handelt sich also um eine fahrlässige Körperverletzung.
Weiterhin wäre noch die Vorhersehbarkeit der Situation zu prüfen. Hierfür wäre entscheidend, ob Sie den Fußgänger hätten sehen können. Außerdem wäre hier eine Vermeidung möglich gewesen, indem Sie ordnungsgemäß an der roten Ampel gehalten hätten.
In diesem Fall war also der Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung (überfahren der roten Ampel) und der Schädigung (streifen des Fußgängers) gegeben.
Wichtig ist, immer die Vermeidbarkeit zu prüfen. Ist eine Schädigung unvermeidbar gewesen, auch wenn Sie sich an die Straßenverkehrsordnung (StVO) gehalten hätten, liegt laut StGB keine fahrlässige Körperverletzung vor.
Fahrlässige Körperverletzung – Ein Strafantrag muss gestellt werden
Eine Strafe für fahrlässige Körperverletzung kann der Täter nur erhalten, wenn ein Strafantrag(Anzeige) gestellt wird. Es handelt sich laut § 230 StGB um ein Antragsdelikt:
Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.
Das heißt, wenn der Geschädigte die Tat nicht zur Anzeige bringt, ist eine rechtliche Verfolgung nicht möglich. Wird also kein Strafantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung gestellt, greift die Strafverfolgungsbehörde auch nicht von selbst aktiv ein.
Besteht allerdings ein „besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung“, kann die Strafverfolgungsbehörde die Ermittlung selbst einleiten. Dabei handelt es sich allerdings immer um eine Einzelfallentscheidung.
Schadensersatz und Schmerzensgeld
Wer körperlich verletzt wird, hat gegenüber dem Verursacher Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Dieser Anspruch ist in § 253 BGB geregelt. Dabei gilt der Schadensersatz für den Verlust materieller Dinge, das Schmerzensgeld soll einenAusgleich für die Schmerzen schaffen, die dem Geschädigten zugefügt wurden.
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist allerdings in der Regel nicht Teil eines Strafverfahrens. Es muss zivilrechtlich eingeklagt werden. Über die Höhe der Zahlung kann keine pauschale Aussage getroffen werden. Sie hängt immer ab von
- der Schwere der Verletzungen
- der Dauer der Behandlung und möglichen Folgeschäden
- des subjektiven Schmerzempfindens des Opfers und damit einhergehend möglichen psychischen Schäden.
In diesen Fällen wird die Summe der Entschädigungszahlung vom Richter festgelegt. Dazu kann eine Schmerzensgeldtabelle zu Rate gezogen werden. Schadenersatzansprüche könnten im Fall einer fahrlässigen Körperverletzung durch die Kosten der ärztlichen Behandlung, den Verdienstausfall und eventuelle Schäden der Kleidung entstehen.
Verjährung für fahrlässige Körperverletzung?
Durch eine Verjährung können in Deutschland rechtliche Ansprüche gegen eine Person erlöschen. Für verschiedene Delikte gibt es unterschiedliche Verjährungsfristen. Die Verjährungsfrist beginnt in der Regel ab dem Tattag.
Bei einer fahrlässigen Körperverletzung beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre. Wir innerhalb dieses Zeitraums kein Strafantrag gegen den Täter gestellt, befindet sich die fahrlässige Körperverletzung in der Verjährung und der Anspruch des Opfers gegenüber dem Täter erlischt.
Fahrlässige Körperverletzung durch Hundebiss?
Ein Hundebiss kann als fahrlässige Körperverletzung des Halters ausgelegt werden. Dieser hat dafür Sorge zu tragen, dass der Hund keine Gefahr für andere darstellt. So sollte der Hund an unübersichtlichen Stellen stets angeleint werden.
Eine fahrlässige Körperverletzung durch den Hund ist zum Beispiel dann gegeben, wenn ein Hund ohne Leine einen anderen Menschen beißt oder diesen umstößt. Das fahrlässige Handeln des Halters besteht darin, dass er den Hund ohne Leine laufen lassen hat.
Wenn der Halter seinen Hund bewusst auf einen Menschen „loslässt“, ist sogar der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung gegeben. Bei einem Vorfall sollten immer die Einzelheiten genau geklärt werden. In einigen Fällen kommt es zu einer Einstellung des Verfahrens, wenn der Halter nachweisen kann, dass der Geschädigte eine Mitschuld trägt.
Fahrlässige Körperverletzung bei ärztlicher Behandlung
Begeht ein Arzt bei der Behandlung eines Patienten einen Behandlungsfehler (früher oft „Kunstfehler“ genannt), so kann das sowohl zivilrechtliche, als auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Strafrechtlich kann der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung gegeben sein. Dabei wird unterschieden zwischen:
- Diagnosefehler: Wird eine Diagnose nicht nach den entsprechenden Standards erstellt und dadurch eine falsche Diagnose gegeben, wird das als Diagnosefehler bezeichnet. Fahrlässig handelt, wer die Diagnose nicht durch zusätzliche abklärende Maßnahmen verifiziert. Es gilt je höher das Risiko einer Fehldiagnose bzw. je schwerer die diagnostizierte Erkrankung, desto mehr Untersuchungen sollten durchgeführt werden.
- Behandlungsfehler: Wenn eine Behandlung nicht ordnungsgemäß durchgeführt bzw. eine falsche Behandlungsmethode gewählt wird, stellt dies einen Behandlungsfehler dar. Fehlerhafte Medikation und auch „handwerkliche“ Mängel fallen in diese Kategorie. Erkennt ein Arzt, dass ihm die Kenntnisse für einen Eingriff fehlen, muss umgehend ein anderer qualifizierter Kollege den Eingriff leiten.
- Aufklärungsfehler: Ein Arzt ist dazu verpflichtet, den Patienten umfassend über die Diagnose und die Behandlungsmethoden zu informieren. Kommt ein Arzt dieser Pflicht nicht nach, kann ihm eine fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen werden.
Auch bei einer ärztlichen Behandlung muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der Schädigung gegeben sein. In diesen Fällen kann ein hohes Schmerzensgeld für den Geschädigten fällig werden.
Fazit
Eine fahrlässige Körperverletzung hat laut StGB immer dann Folgen, wenn ein Strafantrag gestellt wird. Wird vom Geschädigten kein Antrag gestellt, kann die Staatsanwaltschaft das laut Strafrecht selbst übernehmen, wenn ein „besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung“ besteht.
Durch ein festgelegtes Schema lässt sich eine fahrlässige Körperverletzung bewerten. Wichtig ist immer den Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schädigung zu überprüfen. Außerdem bestehen zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Eine Verjährung tritt nach fünf Jahren ein.
Sowohl ein Hundebiss, als auch ein Behandlungsfehler durch einen Arzt können den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erfüllen. Diese Fälle sind immer als Einzelfall zu beurteilen, eine pauschale Rechtsprechung bezüglich der Strafen gibt es nicht.
Generell zieht eine fahrlässige Körperverletzung eine Geldstrafe nach sich. In schweren Fällen kann auch eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren verhängt werden.