Gentechnisch veränderte Lebensmittel: Segen oder Fluch?

Von Anh P.

Letzte Aktualisierung am: 26. September 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind ein heiß diskutiertes Thema.

Was sind gentechnisch veränderte Lebensmittel?

Gentechnik in Lebensmitteln: Die genetisch veränderten Pflanzen sind oft nicht von natürlichen Organismen zu unterscheiden.
Gentechnik in Lebensmitteln: Die genetisch veränderten Pflanzen sind oft nicht von natürlichen Organismen zu unterscheiden.

Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind Nahrungsmittel für Mensch oder Tier, deren Erbgut im Laufe ihrer Produktion durch Gentechnik manipuliert wurden. Sie sind entweder GVO (gentechnisch veränderte Organismen) oder durch Einsatz solcher produziert worden.

Weltweit sind vor allem verschiedene gentechnisch veränderte Pflanzen (gv-Pflanzen) im Umlauf; das heißt, sie werden angebaut, geerntet und verarbeitet.

Bisher sind global keine gv-Tiere als Nahrungsmittel zugelassen. Allerdings werden bei der Fleischproduktion massiv gentechnisch veränderte Lebensmittel (Futtermittel) eingesetzt.

Dieser Artikel informiert Sie über Gentechnik in Lebensmitteln: Wie ist der rechtliche Stand in Europa und Deutschland? Welche „Gen-Lebensmittel“ sind zugelassen? Was spricht für und was gegen Gentechnik bei Lebensmitteln? Hier erfahren Sie es!

FAQ: Gentechnisch veränderte Lebensmittel

Wann gelten Lebensmittel als gentechnisch verändert?

Wird das Erbgut von Organismen manipuliert, gelten diese als durch Gentechnik verändert.

Werden in Deutschland genetisch veränderte Pflanzen angebaut?

Lediglich zu Forschungszwecken erfolgt in Deutschland ein Anbau von genetisch veränderten Pflanzen.

Müssen gv-Lebensmittel gekennzeichnet werden?

Ja, Informationen zur Kennzeichnungspflicht von gentechnisch veränderten Lebensmitteln finden Sie hier.

Gentechnik und Lebensmittel – Passt das zusammen?

Genmais ist in der globalen Landwirtschaft besonders verbreitet. Der Verbraucher lehnt GVO als Nahrung jedoch meist ab.
Genmais ist in der globalen Landwirtschaft besonders verbreitet. Der Verbraucher lehnt GVO für die Ernährung jedoch meist ab.

Laut verschiedenen Studien spricht sich die deutliche Mehrheit der Deutschen gegen genmanipulierte Lebensmittel aus. Dabei belegen andere Studien, dass bis zu 80 Prozent der bei uns im Handel erhältlichen Lebensmittel mit Gentechnik in Berührung gekommen sind, bevor Sie die Läden erreichen.

In Deutschland gibt es seit 2015 keinen Acker mehr, auf dem gentechnisch veränderte Lebensmittel angebaut werden; wie aus dem öffentlich einsehbaren Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hervorgeht.

Jedoch werden hierzulande Lebensmittel mit Gentechnik verkauft und als Futtermittel eingesetzt. Die weltweit wichtigsten gv-Pflanzen in diesem Bereich sind Soja und Mais.

Genmais und Gensoja

Über die Hälfte des weltweit kommerziell angebauten Soja ist genmanipuliert. In den USA und Argentinien beträgt das durch Gentechnik veränderte Soja auf den Äckern einen Anteil von über 90 Prozent. Zwölf Arten transgenen Soja sind in der Europäischen Union zum Verkauf zugelassen.

Soja mit Gentechnik wird zum überwiegenden Teil zur Futtermittelproduktion eingesetzt. Gentechnisch veränderte Lebensmittel aus Sojabohnen für Menschen sind jedenfalls in Europa praktisch nicht vorzufinden.

Gentechnisch veränderter Mais ist weltweit sehr verbreitet; in Deutschland ist der Anbau von „Gentechnik-Mais“ allerdings seit 2009 verboten. Die am häufigsten vorkommende Genmaissorte ist der Bt-Mais.

Was ist Bt-Mais?

Das Bakterium Bacillus thuringiensis kommt natürlicherweise im Boden vor und produziert ein Gift, welches für einige Insekten tödlich ist. Das „Gift-Gen“ wird im Labor im Saatgut des Maises eingebaut, sodass er für Schädlinge ungenießbar wird. Für Menschen ist Bt-Mais nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ungefährlich, was freilich von verschiedenen Umweltorganisationen bezweifelt wird.

Um zu verhindern, dass die Insekten Resistenzen gegen die neue Maissorte entwickeln, werden oftmals kleinere Nachbaräcker mit konventionellem Mais angebaut, an welchen sich die Schädlinge laben können.

Die gentechnische Veränderung der Pflanzen erfolgt immer durch die Implementierung fremder Gene in das Erbgut der Saat, um verschiedene Effekte zu erzielen. Solche gewünschten Ergebnisse können sein:

  • Resistenzen gegen Schädlinge, Krankheiten und Unkrautvernichtungsmittel werden erhöht, wodurch der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden verringert werden soll, was Kosten spart und der Umwelt zugute kommt. Gegner monieren, dass dieser positive Effekt bisher nicht nachgewiesen werden konnte.
  • Wachstum wird gefördert, um Erntezeiten zu verkürzen
  • Klimaempfindlichkeiten werden verändert, um ganzjährige Ernten zu ermöglichen

Wie sieht es aber bei der Genmanipulation von Tieren aus? Die Forschung in diesem Bereich ist wesentlich komplizierter und mit einem höheren Zeitaufwand verbunden. Bis auch Tiere als gentechnisch veränderte Lebensmittel in Umlauf kommen, dürfte es noch eine Weile dauern, auch weil die Hürden zur Zulassung auch außerhalb Europas sehr hoch sind.

Gentechnik im Fleisch?

Wie oben bereits erwähnt, sind bisher keinen gv-Tiere zum menschlichen Verzehr zugelassen. Allerdings gibt es seit Jahrzehnten Forschungen auf diesem Gebiet. Denkbar sind in Zukunft etwa Rinder, die gegen den BSE-Virus immun sind und natürlich Tiere, die besonders schnell wachsen und vergleichsweise wenig Futter benötigen.

Genmanipulierte Lebensmittel sollen der Landwirtschaft weltweit Auftrieb geben.
Genmanipulierte Lebensmittel sollen der Landwirtschaft weltweit Auftrieb geben.

Die wachsende Weltbevölkerung wird in Zukunft einen noch größeren Fleischkonsum zur Folge haben, weshalb Bauernverbände und Wissenschaftler darauf drängen, die in der Bevölkerung tief verankerte Skepsis gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel durch Aufklärungsarbeit aufzuweichen. Umwelt­schutz­organisationen halten dagegen, dass Mäßigung und eine Rückkehr zur Natürlichkeit der Weg ist, den wir einschlagen sollten.

Allerdings kann nicht behauptet werden, dass wir keine tierischen Produkte mit gentechnischem Herstellungsweg in den Lebensmittelregalen der Läden stehen hätten. Im Gegenteil dürfte ein überwiegender Großteil der tierischen Produkte mit Gentechnik in Berührung gekommen sein. Denn das Mastvieh unserer Massentierhaltungsbetriebe wird oftmals mit importiertem Mischfutter versorgt, welches fast immer gentechnisch veränderte Sojaprodukte enthält.

So ist Gentechnik auch in Milch vorhanden, wenn die Kuh zuvor mit gv-Soja gefüttert wurde. Allerdings gilt die Milch dann nicht als gentechnisch verändertes Lebensmittel.

Gentechnisch veränderte Lebensmittel müssen gekennzeichnet werden

In der Europäischen Union gilt seit 2004 eine allgemeine Pflicht zur Kennzeichnung für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Demnach muss jedes Produkt, welches in seiner Herstellung mit GVO in Berührung gekommen ist, gekennzeichnet werden. Das gilt auch dann, wenn die gentechnische Veränderung im eigentlichen Produkt nicht mehr nachweisbar ist.

Solche Nahrungsmittel müssen durch einen der folgenden Sätze gekennzeichnet werden:

Dieses Produkt enthält genetisch veränderte Organismen

oder

Dieses Produkt enthält [Bezeichnung des Organismus/der Organismen], genetisch verändert

Gentechnik im Lebensmittel muss in Deutschland also durch eine entsprechende Kennzeichnung ausgewiesen werden. Dabei kommt es darauf an, wie gentechnisch veränderte Lebensmittel definiert werden. Denn Fleisch, Eier und Käse sind laut Gesetzgebung keine gv-Nahrungsmittel, wenn die Tiere mit gv-Soja gefüttert wurden. Die beschriebene Kennzeichnungspflicht gilt für solche Produkte also nicht.

Auch Honig, bei dessen Herstellung die Bienen vereinzelt Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen gesammelt haben, ist keine gentechnisch verändertes Lebensmittel. Die Kennzeichnung der genetisch veränderten Nahrungsmittel ist praktisch nur bei Pflanzen (Gemüse und Obst) verpflichtend.

Wenn gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht in ihrem Kühlschrank landen sollen, können Sie auf Bioprodukte zurückgreifen oder auf das Siegel „Ohne Gentechnik“ achten.

„Ohne Gentechnik“ – aber mit Ausnahmen?

Futtermittel, die nicht mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Lebensmittel enthalten oder gentechnisch hergestellte Enzyme oder Vitamine aufweisen, sind auch unter dem Siegel „Ohne Gentechnik“ erlaubt. Solche Ausnahmeregeln werden von Anti-Gentechnik-Aktivisten als Irreführung des Verbrauchers bezeichnet.

Gute Gentechnik, böse Gentechnik?

Es gibt viele Pro und Contra Argumente für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Biochemiker und Unternehmen werben etwa damit, dass Gentechnik Nahrungsmittel in praktisch unbegrenztem Umfang garantieren kann. Bei deren Produktion werden die Umwelt geschont und die Kosten gesenkt.

Pflicht zur Kennzeichnung: Lebensmittel der Gentechnik müssen entsprechend ausgeschildert werden.
Pflicht zur Kennzeichnung: Lebensmittel der Gentechnik müssen entsprechend markiert werden.

Kritiker monieren dagegen, dass die Langzeitfolgen beim Anbau und Verzehr von gv-Pflanzen längst nicht ausreichend erforscht sind. Außerdem führen gentechnisch veränderte Lebensmittel dazu, dass soziale Probleme, die hinter dem weltweiten Hunger stecken, nicht bekämpft werden, sondern nur deren Symptome.

Folgend wollen wir auf zwei Beispiele eingehen, die aufzeigen, wie unterschiedlich gentechnisch veränderte Lebensmittel eingesetzt werden können. Zunächst betrachten wir den weltweit in der Kritik stehenden Mega-Konzern Monsanto. Nach einer Schätzung von Greenpeace werden weltweit 90 Prozent aller Äcker, auf denen gv-Pfanzen angebaut werden, mit Saatgut von Monsanto bestellt.

Im Anschluss stellen wir das Projekt um den „goldenen Reis“ vor, welches seit Jahren um eine Zulassung dieser gentechnisch veränderten Reissorte kämpft und dessen Ziel es ist, arme Bevölkerungsschichten in Entwicklungsländern mit ausreichend Vitamin A zu versorgen.

Monsanto – Gentechnisch veränderte Lebensmittel zur Gewinnmaximierung

Der 1901 gegründete Konzern spezialisierte sich in den 1990er Jahren auf die Forschung und Herstellung von genmanipuliertem Saatgut. Das Unternehmen steht im Verdacht, durch taktische Aufkäufe ein weltweites Monopol auf gentechnisch veränderte Lebensmittel aufbauen zu wollen, was faktisch schon gelungen ist.

Monsanto ist bekannt für eine strikte Lizenzpolitik. Bauern, die das Saatgut des Konzerns nutzen sind beispielsweise nicht berechtigt, die Früchte der Ernte im nächsten Jahr erneut zur Bestellung des Ackers zu verwenden. Sie sind also angehalten, jährliche Lizenzen zu erwerben, bevor das Land bestellt werden kann. Zur Durchsetzung dieser Regeln hat Monsanto „Agenten“ eingestellt und setzt zum Teil auch auf die Denunziation durch andere Bauern.

Im Zentrum des Interesses von Monsanto steht freilich der Profit. Traditionelle Ernteprozesse werden hierfür durchbrochen und das soziale Gefüge der betroffenen Bauern aufs Spiel gesetzt. Die Landwirte werden außerdem von dem Unternehmen abhängig gemacht; sie haben sich den Vorgaben von Monsanto zu unterwerfen, da sie sonst riskieren, nicht mehr konkurrenzfähig zu sein.

Goldener Reis – Gentechnisch veränderte Lebensmittel im Kampf gegen Armut

Die Biologen Ingo Potrykus und Peter Beyer forschen seit 1992 an einer Lösung des Problems des A-Vitaminmangels großer Teile der Weltbevölkerung. Ihre Idee: Eine genetisch veränderte Reissorte, die das Vitamin in ausreichenden Mengen enthält.

Gentechnisch veränderte Lebensmittel könnten den Menschen in ärmeren Ländern helfen, wenn die Technik nicht allein gewinnorientierten Unternehmen überlassen würde.
Gentechnisch veränderte Lebensmittel könnten Menschen in ärmeren Ländern helfen, wenn die Technik nicht allein gewinnorientierten Unternehmen überlassen wird.

So soll jährlich tausenden Menschen das Leben gerettet werden. Insbesondere Kinder erblinden irreversibel und sterben an den Folgen von Vitamin-A-Mangel, wie Beyer in einem Interview betonte.

Die Wissenschaftler entwickelten den sogenannten goldenen Reis, der sich äußerlich durch seine schimmernd gelbe Farbe von anderen Reissorten unterscheidet.

Das genetisch veränderte Lebensmittel könnte schon seit 2000 theoretisch in großem Stil angebaut und in den Verkehr gebracht werden. Bisher ist die neue Reissorte jedoch in den Philippinen zugelassen, was laut Befürwortern unter anderem an dem starken Gegenwind aus der Lebensmittelwirtschaftslobby liegt.

Denn das Saatgut für den goldenen Reis soll ohne Lizenzbeschränkungen an die armen Bevölkerungsschichten verteilt werden. Sie sollen es ohne Auflagen verwenden können; die Forscher wollen keinen Profit generieren.

Doch auch Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace kämpfen gegen die Zulassung des goldenen Reises. Abermals lautet das Hauptargument der Aktivisten, dass Langzeitfolgen nicht abzusehen wären und eine Durchkreuzung des genmanipulierten Saatguts mit natürlichen Sorten nicht zu verhindern wäre. Einmal im Umlauf, könnte dieser Schritt also nicht rückgängig gemacht werden.

Über den Autor

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Anh P.

Anh hat eine journalistische Ausbildung absolviert und verstärkt unsere Redaktion seit 2018. Ihre Ratgeber befassen sich u. a. mit Verkehrsverstößen, Fragen zum Bußgeldverfahren und Tipps zur Fahrzeugpflege. Außerdem verfasst sie Pressemitteilungen und unterstützt uns als Lektorin.

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