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Gentechnik bei Pflanzen: Ein Streitthema
Die Gentechnik ist in der Medizin längst Alltag. Auch verschiedene industrielle Prozesse, gerade im Bereich des Umweltschutzes, basieren heute grundlegend auf der Veränderung der Erbinformation von Mikroorganismen. Doch neben der roten und weißen Gentechnologie gibt es noch die grüne.
Gegen gentechnisch veränderte Pflanzen gibt es jedoch große Vorbehalte in der Bevölkerung und weltweiten Widerstand durch Umweltschutzorganisationen. Woher kommt diese Skepsis? Welche Argumente sprechen gegen gentechnisch veränderte Nutzpflanzen?
Wir geben in diesem Artikel zunächst einen Überblick darüber, welche Formen der Genmanipulation bei Pflanzen zum Einsatz kommen. Im zweiten Abschnitt beschäftigen wir uns mit dem Für und Wider der Praxis, Pflanzen mit Gentechnik zu verändern.
Der Begriff grüne Gentechnik bezieht sich oft auf die genetische Veränderung von Lebensmitteln im Allgemeinen, was also auch die Fleischproduktion, und Tiere insgesamt, mit einschließt. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Trennlinien der einzelnen Formen der Gentechnik nicht sehr scharf sind.
FAQ: Gentechnisch veränderte Pflanzen
Hierbei handelt es sich um Pflanzen, deren Erbgut mithilfe von Gentechnik manipuliert wurde.
Aktuell werden gv-Pflanzen vor allem für die Produktion von Futtermittel hergestellt. Denn in diesem Fall besteht keine Verpflichtung, das Fleisch als ein genetisch verändertes Lebensmittel zu deklarieren. Werden hingegen genetisch veränderte Pflanzen verarbeitet, ist eine Kennzeichnung Pflicht.
Dies liegt unter anderem daran, dass bislang noch nicht vorausgesehen werden kann, welche Folgen ein solcher Eingriff auf die Umwelt hat.
Wo kommen genmanipulierte Pflanzen zum Einsatz?
In erster Linie werden gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Äckern dieser Welt angebaut. Sie sind also als Nahrungsmittel für Menschen vorgesehen oder als Futtermittel für Tiere. Darüber hinaus ist auch die Industrie an genetisch veränderten Pflanzen interessiert, etwa bei der Gewinnung von Baumwolle, Stärke oder Öl.
Begriffserklärung: GVO
Die Produkte der Gentechnik sind genetisch veränderte Organismen – GVO. Pflanzen, die genetisch verändert wurden, sind also GVO und werden verkürzt auch gv-Pflanzen genannt.
Gentechnisch veränderte Pflanzen in der Landwirtschaft
Weltweit werden vor allem gentechnisch veränderter Mais, Soja und Baumwolle angebaut. Hautpanbaugebiete dieser Nutzpflanzen sind die USA, Brasilien und Argentinien (betrachtet man die größe der Anbaufläche). In Paraguay werden gentechnisch veränderte Pflanzen auf nahezu 100 Prozent der gesamten Agrarfläche angebaut. In Deutschland ist der Anbau von „Genmais“ hingegen verboten. Bis 2014 gab es einige wenige Äcker in Deutschland, auf denen Bt-Mais (also gentechnisch vor Insektenfraß geschützter Mais) angebaut wurde.
Der so gewonnene Mais ist oftmals für den menschlichen Verzehr gedacht. Gentechnisch veränderte Sojabohnen werden zum Großteil als Futtermittel eingesetzt. Genmanipulierte Baumwolle kommt weltweit in der Textilindustrie zum Einsatz.
Die Gründe für die Manipulation der Gene von Pflanzen sind bisher vor allem wirtschaftlicher Natur. So sind gentechnisch veränderte Pflanzen resistenter gegen Krankheiten und Schädlinge. Außerdem können ihnen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel nichts anhaben. So sparen die Bauern Herbizide und Pestizide. Darüber hinaus sind solche Pflanzen ertragreicher.
In der Landwirtschaft wird Gentechnik seit 1996 eingesetzt. Das US-amerikanische Unternehmen Monsanto investierte seit Beginn dieser Entwicklung viel Geld in die Gen-Forschung und besitzt heute eine Monopolstellung auf dem Markt für gentechnisch veränderte Pflanzen.
Gentechnisch veränderte Pflanzen als Lebensmittel müssen gekennzeichnet sein
Wurden die Gene von Obst oder Gemüse verändert, muss dies in Europa durch eine gut lesbare Kennzeichnung deutlich gemacht werden. Das gilt auch für Lebensmittel, in denen die Genmanipulation nicht mehr nachzuweisen ist.
Allerdings gilt die Kennzeichnungspflicht nicht für tierische Produkte, bei denen genmanipulierte Futtermittel zum Einsatz kamen. Dies ist jedoch sehr oft der Fall, da importiertes Mischfutter in den meisten Fällen zum Teil auch genetisch veränderte Sojabohnen enthält. Ebenso muss Honig nicht gekennzeichnet werden, wenn die Bienen sich unter anderem auf den Feldern mit genmanipulieren Nutzpflanzen „bedient“ haben.
Ästhetische Gentechnik in der Pflanzenzucht
Auch Zierpflanzen werden seit einigen Jahren durch Gentechnik verändert. Sie erblühen dann beispielsweise in Farben, die auf natürlichem Wege bisher nicht vorkamen, oder ihre Größe wird verändert. Gentechnisch veränderte Pflanzen zur Zierde sollen außerdem weniger anfällig sein für Trockenheit, damit sie etwas länger im Geschäft stehen können, bis der Kunde sie erwirbt.
Die Forschung auf diesem Gebiet wird von nur wenigen Unternehmen vorangetrieben, da es sich um einen eher kleinen Absatzmarkt handelt – verglichen mit der Landwirtschaft zur Nahrungsmittel- und Textilproduktion.
Was spricht für und was gegen die gentechnische Veränderung von Pflanzen?
Der Widerstand gegen medizinisch eingesetzte Gentechnik hält sich weltweit in Grenzen, da hier klar absehbare Vorteile bestehen. Auch gentechnisch veränderte Mikroorganismen, die dabei helfen sollen, etwa biologisch abbaubares Plastik zu entwickeln, bergen ein großes Potential.
Doch sobald gentechnisch veränderte Pflanzen im großen Maßstab angebaut werden und von Mensch und Tier verzehrt werden sollen, regen sich die Gemüter. Warum eigentlich? Eine Abwägung der Vor- und Nachteile von Gentechnik ist generell nicht einfach. Die wichtigsten Argumente gegen Gentechnik bei Pflanzen lauten:
- Nach zwei Jahrzehnten intensiver Forschung und Nutzung dieser Technik sind die Langzeitfolgen der grünen Gentechnologie noch längst nicht ausreichend erforscht. Unerwünschte Nebenwirkungen der menschlichen Neuschöpfungen können sich erst in vielen Jahrzehnten bemerkbar machen. Vor allem die langfristige Veränderung der Ökosysteme stellt eine reale Gefahr dar. Auch für den Menschen befürchten Kritiker unerwünschte Effekte. So könnten etwa neue Allergene entstehen.
- Gentechnisch veränderte Pflanzen sind bis heute praktisch ausschließlich für den wirtschaftlichen Vorteil der Konzerne und Bauern entwickelt worden. Die Verbraucher bemerken von den Fortschritten praktisch nichts.
- Durch die Patentierung auf neu erschaffenes Saatgut können Konzerne Kleinbauern weltweit von sich abhängig machen. Ihnen werden in Verträgen Lizenzen verkauft, die sie jährlich erneuern müssen. Dazu sind sie auch gezwungen, da sie sonst ins Hintertreffen geraten und nicht mehr konkurrenzfähig sind – schließlich steigt der Ertrag der Ernte durch gentechnisch veränderte Pflanzen.
Auf der anderen Seite argumentieren Befürworter der Gentechnik, dass die gesteigerte Effizienz der Pflanzenzucht ein Ansatz zur Lösung des Welthungerproblems sein könnte.
Goldener Reis – Hoffnung für die Ärmsten der Armen?
Bisher gibt es jedoch nur ein genmanipuliertes Pflanzenprodukt, welches nicht ausschließlich den wirtschaftlichen Aspekt der Landwirtschaft im Blick hat. Der sogenannte goldene Reis wurde von den Biotechnikern Ingo Potrykus und Peter Beyer entwickelt.
Diese neue Reissorte wurde gentechnisch mit dem lebenswichtigen Vitamin A (Beta-Carotin) angereichert, wodurch er seine namensgebende goldene Farbe erhielt. Das zusätzliche Vitamin soll Millionen Menschen vor Vitaminmangel schützen. Laut den Forschern erblinden weltweit viele Hunderttausend Kinder jährlich aufgrund der mangelnden Versorgung mit Beta-Carotin, bevor sie einen qualvollen Tod sterben.
Das Saatgut für den Reis soll zu günstigen Konditionen und vor allem ohne lizenzrechtliche Einschränkungen an arme Bauern verteilt werden, sodass sie das Produkt unbegrenzt anbauen können – für sich selbst und zum Verkauf.
Kritiker bemängeln, dass gentechnisch veränderte Pflanzen dieser Art eher das Symptom sozialer Ungleichheit behandeln würden, als das eigentliche Problem zu bekämpfen. Außerdem seien auch hier die Langzeitfolgen völlig ungeklärt. Auch ist eine Einkreuzung des genetisch veränderten Reises mit natürlichen Vorkommen praktisch nicht zu verhindern, wenn er im großen Stil und ohne Einschränkungen angebaut werden kann.
Trotz vieler Studien, die die Ungefährlichkeit dieser Reissorte bestätigen, ist der goldene Reis bisher nur in den Philippinen zum Anbau zugelassen. Gründe dafür sind unter anderem die sehr strengen Regulierungsauflagen und Kampagnen gegen Gentechnik.