Zum Problem des subjektiven Gerechtigkeitsempfindens
Die Betrachtung der Rechtsgeschichte zeigt, dass der Gedanke der Genugtuung für Menschen von besonderer subjektiver Bedeutung ist, und schon lange war. Das Schmerzensgeld, dass Geschädigte nach einem Schadensereignis gegenüber dem Schädiger geltend machen können, nimmt eben jenen Aspekt in seiner Doppelfunktion auf.
Das Schmerzensgeld soll gemäß § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nämlich nicht nur einen Ausgleich schaffen für die erlittenen Schäden, sondern hat darüber hinaus auch eine Genugtuungsfunktion. Was beim Schmerzensgeld damit gemeint ist, erfahren Sie im Folgenden.
FAQ: Genugtuungsfunktion beim Schmerzensgeld
Das Schmerzensgeld soll als Genugtuung für die erlittenen Schmerzen dienen. Der Schädiger also dadurch für seine Tat büßen und Wiedergutmachung leisten.
Nicht immer lässt sich das Gefühl, Unrecht erlitten zu haben, mit Geld beziffern. Denn hierbei handelt es sich um eine subjektive Wahrnehmung. Daher kann die Höhe des Schmerzensgeldes dieser nicht immer gerecht werden.
ja, hierbei handelt es sich um die Ausgleichsfunktion. Sie soll immaterielle Schäden entschädigen und ist meist der vordergründige Aspekt bei der Schmerzensgeldermittlung.
Inhaltsverzeichnis
Zum Gehalt der Genugtuungsfunktion beim Schmerzensgeld
Dass dem Schmerzensgeld neben einer Ausgleichs- auch eine Genugtuungsfunktion zukommt, ist in der heutigen Rechtsprechung als Norm weitgehend akzeptiert. Per Definition handelt es sich bei dem Gefühl der „Genugtuung“ um eine Form innerer Befriedigung, die eine Person empfindet, wenn sie das bekommt, was ihr nach eigener Einschätzung zusteht.
Im rechtlichen Sinne meint es die Wiederherstellung eines verletzten Rechtsgutes – der Betroffene erfährt gewissermaßen über die Leistung von Schmerzensgeld die Erfüllung des eigenen Gerechtigkeitsempfindens. Es zeigt sich mithin, dass die Genugtuungsfunktion beim Schmerzensgeld vor allem stark subjektive Empfindungen des Schädigers bedient.
Die starke Subjektivität führte und führt jedoch immer wieder zu Zweifeln an dieser Doppelfunktionalität von Schmerzensgeld. Kann z. B. ein Geschädigter, der schwerste Hirnschäden erlitten hat, Genugtuung empfinden? Die Gerichte tun sich gerade in diesem Aspekt eher schwer und stellen die Ausgleichsfunktion regelmäßig in den Fokus der Schmerzensgeldermittlung.
Warum die Genugtuungsfunktion beim Schmerzensgeld nicht im Mittelpunkt steht
Das subjektive Empfinden von Geschädigten führt regelmäßig dazu, dass die Genugtuungsfunktion bei der Schmerzensgeldberechnung nur am Rande Betrachtung findet. Vordergründig werden tatsächlich erlittene Schäden und die objektiv beobachtbaren Umstände des Einzelfalls betrachtet, um eine angemessene Schmerzensgeldhöhe zu ermitteln.
Die Genugtuungsfunktion selbst kann nämlich oftmals schon allein aus dem Grund nicht in das Zentrum der Bemessung rücken, weil die Vorstellungen juristischer Laien, die Geschädigte in der Regel sind, von der Rechtspraxis stark abweichen. Das eigene Leid wird durch die unmittelbare Wahrnehmung als schwerwiegender empfunden, als es bei distanzierter und objektiver Betrachtung erscheint. Zudem kommen überzogene Ansprüche hinzu, die sich vor allem den in den letzten Jahrzehnten aus den USA herüberschwappenden Schmerzensgeldurteilen verdanken. Aber:
Millionensummen, wie in den Vereinigten Staaten sind hierzulande nicht denkbar! Das höchste in Deutschland zugesprochene Schmerzensgeld lag bei 635.000 Euro (Kachelmann gegen Springer-Verlag). Die Genugtuungsfunktion führt beim Schmerzensgeld im subjektiven Empfinden Betroffener daher häufig eher zu einer Diskrepanz zwischen Gerechtigkeitsgefühl und Gerechtigkeit.
So führt die zugesprochene Schmerzensgeldsumme nicht selten beim Betroffenen zum genauen Gegenteil, weil die vermeintlich geringe Höhe nach subjektiver Auffassung als ungerecht empfunden wird. Die Genugtuungsfunktion ist beim Schmerzensgeld also nur selten praktisch wirklich erfüllbar.