Wirtschaftlicher Totalschaden – Wann liegt er vor?

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 20. November 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Wirtschaftlicher Totalschaden: Wie die Abrechnung gegenüber der gegnerischen Versicherung funkioniert, erfahren Sie hier!

Wie Sie den wirtschaftlichen Totalschaden abrechnen können

Wirtschaftlicher Totalschaden: Wie die Abrechnung gegenüber der gegnerischen Versicherung funkioniert, hier!
Wirtschaftlicher Totalschaden: Wie die Abrechnung gegenüber der gegnerischen Versicherung funkioniert, erfahren Sie hier!

Nicht immer lohnt es sich nach einem Verkehrsunfall, die beschädigten Fahrzeuge wieder komplett instandzusetzen.

Besonders wenn ein Totalschaden am Auto abzusehen ist, lohnt sich eher die endgültige Verwertung, statt umfangreiche Kosten für die Reparatur zu riskieren.

Nicht immer aber muss ein am Auto erlittener Totalschaden auch nach außen hin sofort sichtbar sein.

Doch wann genau kann ein wirtschaftlicher Totalschaden am Auto angenommen werden, wann ein technischer? Wie können Sie den erlittenen Schaden gegenüber der Haftpflicht des Unfallverursachers abrechnen?

FAQ: Wirtschaftlicher Totalschaden

Wann liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor?

Dies ist der Fall, wenn die Reparaturkosten höher sind als die Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert.

Was bedeutet ein technischer Totalschaden?

Liegt ein technischer Totalschaden vor, ist es nach einem Unfall auch durch umfangreiche Reparaturen nicht mehr möglich, den ursprünglichen Zustand des Fahrzeugs wiederherzustellen.

Muss die Versicherung trotz Totalschadens die Reparatur bezahlen?

Bei einem Haftpflichtfall kann die 130-Prozent-Regel Anwendung finden. Der Geschädigter hat dabei die Möglichkeit, seinen Unfallwagen reparieren zu lassen, wenn die Kosten für die Instandsetzung maximal 30 Prozent über den Kosten für die Wiederbeschaffung liegen. Somit können bis zu 130 Prozent der Wiederbeschaffungskosten als Schadensersatz eingefordert werden. Mehr dazu hier.


Totalschaden erklärt in einem Video!

Video: Totalschaden und was zahlt die Versicherung?
Video: Totalschaden und was zahlt die Versicherung?

Technischer oder wirtschaftlicher Totalschaden – der Unterschied

Wann handelt es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden?
Wann handelt es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden?

Grundlegend sind im Bereich der Schadenregulierung nach einem Verkehrsunfall zwei unterschiedliche Varianten eines Totalschadens denkbar: der technische und der wirtschaftliche. Ersterer bezieht sich tatsächlich auf die schwere Zerstörung der Karosserie. Eine Reparatur der erlittenen Schäden ist dabei entweder nicht möglich oder wäre unverhältnismäßig.

Mit der zunehmenden technischen Entwicklung jedoch gibt es kaum noch etwas, das unmöglich erscheint. Auch die schlimmsten Unfallwagen können – zumindest theoretisch – wieder zusammengeflickt werden, sodass diese Form des Totalschadens immer seltener anzutreffen ist. Aus diesem Grund kommt bei der Schadenregulierung vor allem ein wirtschaftlicher Totalschaden zum Tragen.

Nach einem Unfall ist beim Auto ein wirtschaftlicher Totalschaden anzunehmen, wenn die Reparaturkosten unverhältnismäßig zum Wert des Fahrzeuges oder dessen Wiederanschaffung stünden. Genauer:

Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt immer dann vor, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, also die Kosten, die für ein gleichwertiges Fahrzeug (vor dem Schaden!) aufgebracht werden müssten. Zudem kann auch schon auf einen solchen erkannt werden, wenn die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert unterhalb der ermittelten Reparaturkosten liegt. Verkürzt:

Wirtschaftlicher Totalschaden = (Wiederbeschaffungswert – Restwert) < Reparaturkosten
Wann liegt ein unechter Totalschaden vor? In diesem Fall erscheint die Reparatur nicht unwirtschaftlich, sondern vor allem unzumutbar. Das kann zum Beispiel dann gegeben sein, wenn es sich bei dem Unfallauto um einen Neuwagen mit einer Laufleistung unter 1.000 Kilometern handelt. In diesem Fall können Geschädigte den Neuwagenpreis als Schadensersatz beanspruchen.

Wirtschaftlicher Totalschaden – Welche Versicherung ist zuständig?

Für den Totalschaden am Fahrzeug des Unfallverursachers kann dessen Vollkasko aufkommen.
Für den Totalschaden am Fahrzeug des Unfallverursachers kann dessen Vollkasko aufkommen.

Wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt waren, durch den Ihr Auto einen Totalschaden erlitt, können Sie die entstandenen Schäden gegenüber der gegnerischen Kfz-Haftpflicht­versicherung abrechnen – also der des Unfall­verursachers. Die Kfz-Haftpflicht tritt immer für die Regulierung von Schäden ein, die von dem Versicherungsnehmer anderen zugefügt wurden.

Anders etwa verhielte es sich, wenn Sie selbst Unfallverursacher sind und den Schaden am eigenen Wagen regulieren bzw. reparieren lassen wollen. In diesem Fall – ob bei leichten Schäden oder einem Totalschaden – ist Ihre Vollkasko oder eine ggf. vorhandene zusätzliche Unfallversicherung der richtige Ansprechpartner.

Wie erfolgt die Abrechnung vom Totalschaden?

Wenn Sie als Geschädigter gegenüber der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung den wirtschaftlichen Totalschaden geltend machen und entsprechenden Schadensersatz einfordern wollen, stellt sich schnell die Frage, welchen Betrag Sie denn eigentlich abrechnen können.

Als Maßgabe für den Schadensersatz nach dem Unfall sind zwei Werte heranzuziehen: der Wiederbeschaffungswert (Wert des Kfz vor dem Unfall) und der Restwert (Wert nach dem Unfall). Die Kfz-Haftpflichtversicherung muss im Falle der Totalschadenabrechnung die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert an den Geschädigten erstatten. Mit der Veräußerung des Schrottwagens erhält der Geschädigte am Ende den vollen Wiederbeschaffungswert.

Wenn Sie den Totalschaden abrechnen wollen, kommt folgende Formel zum Einsatz:
Schadensersatzanspruch = Wiederbeschaffungswert – Restwert

Die Reparaturkosten spielen bei diesem Anspruch gegenüber der Versicherung also keine Rolle. Anders hingegen kann es aussehen, wenn Sie das beschädigte Kfz doch noch reparieren lassen wollen.

Wirtschaftlicher Totalschaden: Lieber Reparatur statt neues Kfz?

Im Einzelfall wird nach einem Totalschaden auch die Reparatur übernommen.
Im Einzelfall wird nach einem Totalschaden auch die Reparatur übernommen.

Nun will aber nicht jeder sein Fahrzeug nach einem wirtschaftlichen Totalschaden auch tatsächlich schon aufgeben. Gerade wenn es sich noch um einen Neuwagen handelte oder aber um einen besonderen Wagen wie einen Oldtimer, dürfen die Geschädigten gegenüber der gegnerischen Haftpflicht den Schaden auch anders abrechnen, wenn das Kfz wiederhergestellt werden soll.

Hier kommt dann die sogenannte 130-Prozent-Regel zum Einsatz, die immer dann möglich ist, wenn Reparaturkosten und Wertminderung einen geringeren Betrag ergeben als das 1,3-fache des Wiederbeschaffungswertes. In diesem Fall kann der Geschädigte nach dem Unfall mit Totalschaden bis zu maximal 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes geltend machen. Hier zeigt sich, dass bei der 130-Prozent-Regel zwar nunmehr die tatsächlichen Reparaturkosten Berücksichtigung finden; der Restwert des Autos fällt aus der Berechnung jedoch heraus. Dieses soll ja nicht mehr veräußert werden.

Allerdings ist diese Schadensregulierung nur dann möglich, wenn der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich auch reparieren lässt und diese Reparatur professionell durchgeführt wird, sodass sich die Funktionsweise des Wagens wieder herstellt. Im Rahmen einer fiktiven Schadensregulierung gegenüber der Versicherung ist die 130-Prozent-Regel nicht anwendbar.

Geschädigte sollten sich stets an einen Anwalt für Verkehrsrecht wenden, wenn Sie den Schaden regulieren wollen. Dieser kann maßgeblich bei der Kommunikation mit dem übermächtigen Gegener „Versicherung“ helfen und die Ansprüche seines Mandanten durchsetzen. Die Kosten für den Anwalt des Geschädigten muss im Übrigen ebenfalls die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers tragen.

Über den Autor

Jana
Jana O.

Jana studierte an der Uni Greifswald Ger­manis­tik, Philosophie und Englische Literatur­wissenschaften. Sie ist seit 2015 Bestandteil des bussgeldkatalog.net-Teams. Ihre über die Jahre angeeignete Expertise nutzt sie seitdem, um verbraucherfreundliche Texte zu verschiedensten Rechtsfragen im Verkehrsrecht zu schreiben.

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